Studentin lernt in einer Bibliothek

Hilfen in finanziellen Notlagen

Um Studierende in akuten finanziellen Notlagen vor dem Studienabbruch zu bewahren, hat das Studierendenwerk Stuttgart einen Notfonds ins Leben gerufen. Er soll helfen, eine Notsituation zu überbrücken. Doch dafür sind Spendengelder notwendig – die Mittel des Studierendenwerks selbst sind zweckgebunden. Glücklicherweise zahlen auch Privatpersonen wie Lisa M. (Name geändert) ein: eine ehemalige Studentin, die selbst einmal durch den Notfonds Unterstützung fand.
 

Wie es dazu kam und warum sie nun selbst regelmäßig in den Notfonds einzahlt, erklärt sie uns im Interview:

Warum hattest du dich während deines Studiums an der Filmakademie für den Notfonds beworben?

„Mein Arbeitspensum in der Diplom-Phase war sehr hoch, ich habe an meinem Abschlussfilm gearbeitet und jede freie Sekunde in die Produktion gesteckt. Es war mehr als ein Vollzeitjob, ich habe selbst an den Wochenenden dafür gearbeitet. Nebenjobs waren daher nur schwer und unregelmäßig möglich und konnten nicht alles abdecken. Eine Zeit lang konnte ich mit spontanen Jobs und einem sparsamen Lebensstil über die Runden kommen. Als das Geld dann langsam ausging, waren wir gerade in einer entscheidenden Phase der Filmproduktion. Einen festen Job, der nach meinem Studium in zwei Monaten beginnen würde, hatte ich in Aussicht – doch bis dahin musste ich noch meine Miete zahlen und wusste nicht mehr wie. Die Produktion hatte mich auch gesundheitlich an meine Grenzen gebracht und die Deadlines im Nacken übten Druck auf mich aus. Es ging darum, den Film rechtzeitig fertigzustellen um den Abschluss zu bekommen. Und so wandte ich mich an den Notfonds.

Rückblickend würde ich sagen, dass in solchen Fällen auch der Dialog zur Hochschule gesucht werden sollte. Vielleicht hätte es auch alternative Möglichkeiten gegeben, wie man die Situation hätte lösen können. Doch gefühlt ging es mir um „Leben und Tod“ und es war mir auch persönlich wichtig, die Studienleistung zu erbringen, den Film fertig zu stellen und meinen Abschluss zu machen.“

 

Wie ist es dir in unserer Sozialberatung ergangen?

„Es war eine sehr angenehme Erfahrung. Ich bin ein sehr stolzer und eitler Mensch und es hat mich viel Überwindung gekostet, mich an die Sozialberatung zu wenden. Ich habe mich geschämt und befürchtet, dass man mich fies verurteilen und mir die Schuld für meine Situation geben würde – aber es war ein sehr verständnisvolles und hilfsbereites Gespräch. Die Prüfung lief sehr schnell ab und ich war wirklich überrascht: es war eine äußerst positive und aufbauende Erfahrung! Es gab mir viel Kraft, die letzten Züge des Studiums gut durchzuziehen und die Hoffnung, dass es noch ein Happy End geben könnte.“

 

Hättest du ohne die Unterstützung aus dem Notfonds womöglich ihr Studium abbrechen müssen?

„Ich hätte ohne die Unterstützung aus dem Notfonds die Fertigstellung der Filmproduktion nicht einhalten können, was meinen Abschluss gefährdet hätte. Ich hätte womöglich einen neuen Film drehen müssen, da der eigentliche zum Zeitpunkt der Prüfungen nicht fertig gewesen wäre. Es ist jedoch fraglich, ob ich das geschafft hätte, da ich die Mittel für meinen Film ja bereits ausgeschöpft hatte. Vielleicht hätte ich auch eine schlechte Bewertung bekommen oder eine alternative Aufgabe als Prüfung vorlegen müssen. Das wäre problematisch gewesen, denn der Abschlussfilm ist ja die Visitenkarte, wenn man die Hochschule verlässt und in den freien Markt eintritt. Das ist mir glücklicherweise erspart geblieben, ich konnte mit dem Geld die paar Monate überleben, dann hatte ich ein festes Einkommen und war „in Sicherheit“.“

 

Was motiviert dich, mittlerweile selbst in den Notfonds (monatlich) einzuzahlen?

„Ich finde der Notfonds sollte Menschen helfen, die aufgrund höherer Gewalt in eine Notsituation gekommen sind, z.B. durch Krankheit, Corona, Naturgewalten, psychische Probleme etc. Dagegen war mein Problem eher ein „Luxus-Problem“. Zu dem Zeitpunkt war ich bereits 29 Jahre alt und hatte schon einen Bachelor-Abschluss. Dieses Studium absolvierte ich aus eigenem Wunsch ergänzend. Deswegen musste ich auch selbst für die Finanzierung aufkommen. Ich bin sehr froh, dass der Notfonds mir geholfen hat – das hat eine enorme Bedeutung für mich. Den Notfonds habe immer als eine Art Kredit gesehen, den ich zurückzahle, sobald ich mein festes Einkommen habe. Das war mir sehr wichtig, denn das Geld sollte Menschen zur Verfügung stehen, die es noch dringlicher brauchen als ich und noch weniger für ihre Lage können! 

Im Studium gibt es tausend Gründe, warum man in eine Notlage kommen kann. Es wäre schön, wenn mehr Menschen Bescheid wüssten, dass Hilfe existiert und man nicht unbedingt gleich sein Studium abbrechen muss. Leider hat man in einer Notlage oft einen Tunnelblick und nicht die Kraft, nach solchen Angeboten zu recherchieren bzw. Hemmschwellen, diese anzunehmen. Man lebt von einer Rechnung zur nächsten, von Tag zu Tag, man „überlebt“ und hat viele Hilfsmöglichkeiten gar nicht auf dem Schirm. Die Option des Notfonds gibt ein beruhigendes Gefühl: Zu wissen, dass ein Abbruch des Studiums nicht die Konsequenz sein muss.“

 

Informationen zum Notfonds

Du möchtest den Notfonds unterstützen und spenden? Alles Infos findest du auf unserer Notfondsseite.

Du bist Student*in und selbst in eine finanzielle Notlage geraten? Dann kontaktiere uns per Mail oder telefonisch unter: + 49 711 4470-1057 oder +49 711 4470-1059.